Am 16. September eröffneten die Vereinsmitglieder unter Leitung von Obfrau Mag. Edith Panzenböck, Bezirksvorsteherin Michaela Schüchner und vielen weiteren Gästen feierlich die Ausstellung „100 Jahre Imkerinnen und Imker Wien West – Ohne Biene keine Frucht, ohne Frucht kein Leben“ im Bezirksmuseum Penzing. Dabei konnten interessierte BesucherInnen alles rund ums Thema Stadtimkern, Bienen und Honigernte erfahren. |
Video der Ausstellungseröffnung |
Die Eröffnung der Ausstellung anlässlich des 100-Jährigen Jubiläums war ein voller Erfolg. Auch wenn das Fest aufgrund von Covid-19 auf einen kleinen Rahmen – mit Abstand und Maske – reduziert wurde, sorgte das Engagement der Mitglieder für große Begeisterung bei den Gästen. Neben Bezirksvorsteherin Michaela Schüchner zählten auch Ing. Reinhard Hetzenauer (Imkerbundpräsident), Albert Schittenhelm (Wiener Landespräsident) und Brigitte Moravec vom Zentralverband der Kleingärtner zu den Besuchern.
„Die Ausstellung ist eine großartige Sache – alle Ferngebliebenen wissen nicht, was sie versäumt haben“ – Brigitte Moravec (Zentralverband der Kleingärtner)
Auch die beiden Bezirksmuseumsleiter Doris Weis und Jochen Müller gratulierten zum Hunderter. Obfrau Mag. Edith Panzenböck ehrte abermals die Urgesteine des Vereins, zu denen neben Gerhard Reinisch (Ehrenobmann und Mitglied seit 1963) auch Hans Hladik (Ehrenobmann und 14 Jahre Obmann des Vereins) sowie Paul Schneeberger (ehem. Belegstellenleiter und Mitglied seit 1967) gehören. Begleitet wurde der spätsommerliche Nachmittag im Museum mit Jazzmusik der Band „Die Saxologen“ unter der Leitung von Vereinsmitglied Sigi Finkel. Zum Abschluss gab es für jeden Gast ein kleines Glas Honig aus Eigenproduktion und ein Säckchen mit Blumensamen als Anregung zur Förderung des (Über-)Lebens der Honigbiene.
Die Ausstellung im Bezirksmuseum
100 Jahre ist eine stolze Zahl. Dementsprechend groß war auch das Engagement der Mitglieder um die Ausstellung. Anhand von Schautafeln und Imkerequipment hinter Glas wird auch Nicht-Imkern die Arbeit der Bienenfreunde nähergebracht.
Von der Geschichte des Vereins…
Der Verein wurde 1920 im Kleingartenverein „Zukunft“ gegründet. Nach der Besetzung Österreichs wurde der Imkerverein in den deutschen Kleintierzuchtverein integriert und die Imker mussten ab sofort je zwei Kilo Honig pro Volk an den Staat abliefern. Auch aufgrund des mangelnden Futterzuckers schrumpften die Bienenbestände rasch.
Mit Obmann Josef Eder konnten nach dem Krieg endlich wieder rund 180 Mitglieder für den Verein begeistert werden. Doch auch in der Nachkriegszeit war die Beschaffung von Zucker für die Winterfütterung, aber auch das Schützen der Bienenstöcke vor Plünderung schwierig. Immerhin war Honig auch schon damals ein rares und begehrtes Gut. Seit 1948 gibt es auch die einzige Wiener Belegstelle auf der “Sulzwiese” (Lainzer Tiergarten), wodurch der Verein eine herausragende Position in der Wiener Bienenzucht erlangte.
Mit den Fünfziger Jahren kam dann der Aufschwung für den Verein, in dem auch immer mehr Experten zu den Mitgliedern zählten. Während der Achtziger Jahre sank dann das Interesse der Bevölkerung für Bienen und Imkerei wieder und auch der Verein verlor an Anhängern. Erst heute, angesichts des immer steigenden Bewusstseins für Klimaschutz, ist auch das Interesse an den Bienen größer und es gibt wieder mehr Imkerinnen und Imker. So zählen heute auch schon sehr junge Menschen zu den aktiven Mitgliedern und der Verein Imkerinnen und Imker Wien West darf sich stolz als größter Imkerverein Wiens bezeichnen.
Der Verein heute
Weiterbildung wird im Verein großgeschrieben. So zählen neben regelmäßigen Vereinsabenden, wo es zum regen Fachaustausch unter Imkerinnen und Imkern kommt, auch die Teilnahme an Qualitätsprogrammen zu den Aktivitäten des Vereins. Der Meinungsaustausch und die Fachvorträge sind nicht nur für ältere, sondern vor allem für junge Mitglieder relevant. Hier darf man mit Fragen und Anliegen jederzeit kommen und auf Hilfe und Unterstützung hoffen. Für neue Imker gibt es die Möglichkeit, einen Stellplatz auf dem Vereinsbienenstand am Wilhelminenberg zu ergattern. Obfrau Edith Panzenböck ist stets um das Wohl der Jungimker und Bienenvölker bemüht und hilft, wie auch Stellvertreter Günther Wudy und Experte Dietmar Niessner, wo sie kann. Man ist also bei anfänglichen Problemen oder Unsicherheiten nicht auf sich alleine gestellt. Das ist sehr wichtig, da es sich bei der Imkerei immerhin um die Arbeit mit Tieren handelt und das Wohl der Bienen oberste Priorität hat. Denn nur wenn es den Bienen gut geht, entsprechen auch die Qualität von Honig und anderen Bienenprodukten den Richtlinien. Auch Kundenzufriedenheit zählen zu den Leitlinien des Vereins.
Die Belegstelle als Aushängeschild
Ein weiteres wichtiges Anliegen des Vereins ist die Pflege und Erhaltung der Carnica-Belegstelle auf der Sulzwiese im Lainzer Tiergarten, die schon seit 1948 besteht. Ursprünglich war die Belegstelle in der Lobau geplant, doch diese war damals russische Zone. Man wollte das Risiko nicht eingehen, eventuell dort nicht mehr hingehen zu dürfen und so fiel die Wahl auf Lainz. Hierbei handelte es sich um englisches Besatzungsgebiet. Da jemand aus dem damaligen Vorstand guten Kontakt zu den Engländern hatte, wurde die Belegstelle schließlich in Lainz errichtet.
Unser Ehrenobmann Gerhard Reinisch erinnert sich an den Aufbau der Belegstelle: „Alle Materialien wurden mittels Handwagen, Moped oder Fahrrad auf die Belegstelle gebracht. Die Beteiligten haben alles händisch auf der Belegstelle gebaut, in einer Zeit wo es sehr schwierig war, das Material und die notwendigen Werkzeuge zu organisieren. Es gab keinen asphaltierten Weg, sondern Schotterstraßen“.
Auf die Belegstelle sind die Mitglieder also besonders stolz, daher wird diese auch mit viel Enthusiasmus gehegt und gepflegt. Immerhin gilt: Nur durch gezielte Zuchtauslese ist es möglich, mit sanftmütigen Bienen im Stadtgebiet zu imkern. Die Belegstelle befindet sich übrigens fernab von Straße und Verkehr, um den Tieren eine möglichst geschützte Atmosphäre zu bieten. Hin und wieder finden hier auch Veranstaltungen und Besuche der Mitglieder statt, in welchem auch neue Mitglieder mehr über die Wichtigkeit und den Erhalt der Belegstelle erfahren.
Apitherapie - Honig als „Allheilmittel“
Nicht zuletzt ist es den Vereinsmitgliedern ein Anliegen, qualitativ hochwertigen Honig und andere Bienenprodukte zu liefern. Das süße Bienenprodukt schmeckt nicht nur gut, sondern ist auch noch äußerst gesund. Schon die alten Ägypter bezeichneten Honig als „Speise der Götter“. Honig besteht zu 80 Prozent aus Zucker und zu 15 Prozent aus Wasser. Die verbleibenden fünf Prozent sind besonders wertvoll, denn in ihnen stecken entzündungshemmende Enzyme, organische Stoffe und wichtige Eiweiße. Daher kann Honig in der Wundversorgung als Unterstützung im Heilungsprozess, eingesetzt werden. Außerdem wird er gerne bei Husten, Hautkrankheiten sowie bei Verdauungsproblemen eingenommen. Er kann sogar positiven Einfluss auf unsere Psyche nehmen, so ist es möglich, dass er sich wiederum hervorragend auf die Schlafqualität auswirkt. Zu den Sorten, welche die Imkerinnen und Imker in Wien ernten, zählen vor allem Linden- und Akazienhonig.
Aber nicht nur Honig, auch Blütenpollen, Gelee Royale und Propolis sind wahre Wunderelixiere. So gelten Blütenpollen als Antidepressivum, und der Blütenpollen kann sich positiv auf die Darmflora und das Herz-Kreislaufsystem auswirken. Gelee Royale (Weiselfuttersaft) wird aufgrund der zellverjüngenden Eigenschaften gerne in der Kosmetik eingesetzt, ebenso wie Propolis, welches gegen ein breites Spektrum von Pilzen, Viren und Bakterien angewendet werden kann, da ihm diese Wirkweisen zugeschrieben werden.
Die Bienen legen sich zur Ruhe
Nach dem Ende der Monarchie, als Wien mit fast zwei Millionen Einwohnern unter Wohnungs- und Nahrungsnot litt, wurde an den Stadträndern bisher unbebautes Gelände zu Siedlungsanlagen und Schrebergärten umgewandelt.
„Auf der Schmelz“ – damals ein großes Wiesengelände im heutigen 15. Bezirk – wurde das ehemalige Manöver- und Paradefeld mit einer der bis heute größten Kleingartenanlagen besiedelt. Ziel war es, der Bevölkerung die Möglichkeit zu geben, sich selbst mit Gemüse und Obst zu versorgen, weil der Nachschub aus den alten Monarchieländern abgeschnitten war. Neben dem Gartenbau war in den Schrebergärten auch die Kleintierzucht verbreitet; da durften auch die Bienen nicht fehlen, wusste man doch schon damals um die Notwendigkeit der Bestäubung der Obstgehölze.
Bereits im Jahre 1919, in den Wirren nach dem ersten Weltkrieg, wurde der Kleingartenverein „Zukunft“ mit Sitz im Schutzhaus in der Kleingartenanlage „Auf der Schmelz“ gegründet. Auch die Bienenhaltung florierte und die Mitgliederzahl stieg bis auf 252 Personen an. Die meisten davon stammten aus der unmittelbaren Umgebung und waren Kleingärtner. 1920 wurden die Imker des Kleingartenvereines „Zukunft“ in einem eigenen Verein zusammengefasst. Dieser Imkerverein auf der Schmelz war 1925 einer der Mitgründer des Wiener Landesverbandes für Bienenzucht.
Die Imkergemeinschaft auf der Schmelz hat bis heute überdauert und feiert heuer Ihr 85-jähriges Jubiläum.
Die damalige Bienenhaltung war wegen der besseren Honigerträge auf Wanderimkerei eingestellt. Nach der Obstblüte in den Wiener Randbezirken wurden bis zu 50 Bienenstöcke und bis zu sechs Personen auf einem Lastauto in die umliegenden Kleefelder verfrachtet. Nach der Mahd ging es zurück in die Kleingärten und zu Beginn der Waldtracht wieder hinaus in den Wienerwald. Die letzte Tracht war die Vusper (Buchweizen). Wegen der wenigen und nicht sehr zuverlässigen Transportmittel und den schlecht ausgebauten Straßen waren die Imker – viel stärker noch als heute – beim Wandern und bei der Revision der Völker auf die gegenseitige Hilfe angewiesen. Sofern nicht Völker transportiert wurden, erfolgte die Anreise zu den Wanderständen mit dem Postautobus und der Bahn. Danach folgte eine meist längere Wanderung zum Stand auf dem Land. Die Völker älterer Imker, die diesen körperlichen Anforderungen nicht mehr gewachsen waren, wurden von Jüngeren mitbetreut. Die gemeinsam erlittenen Strapazen für wenige Kilo Honig mehr pro Volk, schweißten die Gemeinschaft in besonderer Weise zusammen und stärkten die Beziehung des Einzelnen zu „seinen“ Bienen.
Der Imkerverein auf der Schmelz wurde nach der Besetzung Österreichs im Jahre 1938 in den deutschen Kleintierzuchtverein integriert. Die enge Zusammenarbeit der einzelnen Imker wurde vor allem in der Zeit des zweiten Weltkrieges auf eine neue Probe gestellt. Zwei Kilo Honig pro Volk mussten abgeliefert werden, Nahrungsmittel waren rationiert, Futterzucker gab es nur wenig.
Die Erträge schrumpften wegen der immer geringer werdenden Ertragsflächen so stark, dass sogar allgemein empfohlen wurde, von den weit verbreiteten Lüftenegger Beuten und dem damals bereits vorhandenen Breitwabenstock auf kleinere Beuten und Rähmchen, das deutsche Einheitsmaß, umzusteigen.
1945 ist der Imkerverein als eigenständige Ortsgruppe III des Wiener Landesverbandes für Bienenzucht wieder erstanden. Der erste Obmann nach dem Krieg, Josef Eder, konnte bald 180 Mitglieder um sich scharen. Die wohl größte Herausforderung der damaligen Zeit bestand im Auftreiben und in der gerechten Verteilung von Zucker zur Wintereinfütterung der Bienenvölker. In der Nachkriegszeit diente der Honig vielfach als Tauschmittel gegen andere Lebensmittel und für Gegenstände des täglichen Bedarfs. Die wirtschaftliche Lage war teilweise so schwierig, dass leicht erreichbare Wanderstände aus Nahrungsmangel geplündert wurden.
1952 bis 1967 war eine Blütezeit des Vereines. Der damalige Obmann Johann Fitzinger konnte den ehemaligen Leiter der Wiener Imkerschule Professor Jordan, sowie den Bienenkundler Hofrat Plank – die damaligen Kapazitäten der Bienenzucht – zu den Mitgliedern und Vortragenden zählen. Durch die seit 1948 im Lainzer Tiergarten betriebene einzige Wiener Belegstelle auf der „Sulzwiese“ errang der Verein eine bis heute herausragende Stellung in der Wiener Bienenzucht. Jährlich werden bis zu 800 neue fleißige und sanftmütige Bienenköniginnen der Rasse Carnica an die Imker in Wien und Niederösterreich abgegeben.
Die Tradition der modernen Bienenzucht reicht von den damaligen Obleuten Friedrich Oszwald (1967 bis 1969), Hans Medonig (1969 bis 1982), Paul Schneeberger (1982 bis 1985) und Elfriede Stock (1985 bis 1991) bis zum derzeitigen Obmann Edmund Bischof (seit 1991) und zum engagierten ACA Züchter Johann Pulker.
Der einst größte Wiener Imkerverein hat heute 59 Mitglieder, die im Durchschnitt je 11 Völker betreuen. Die Bienen werden im Wiener Stadtgebiet und darüber hinaus überwiegend in Niederösterreich und in der Steiermark gehalten. Mit der fortschreitenden Entwicklung Wiens wurden die außerhalb des Gürtels liegenden Grünflächen mehr und mehr verbaut und durch die Umstellungen in der Landwirtschaft fehlen die Kleewiesen in der Umgebung Wiens. Für die Imker im Wiener Stadtgebiet bedeutet dies, dass ihre Blütentracht neben der Obstblüte vorwiegend auf Ahorn, Robinie, Rosskastanie, Linde und Götterbaum ausgerichtet ist. Wer wandern will, dem steht in der näheren Umgebung eine ertragreiche Rapstracht zur Verfügung. Waldhonig ist – wie vor 85 Jahren nur auf weiter entfernten Wanderständen zu gewinnen.